Inhaltsverzeichnis
Medien und Digitalität
4

Einleitung

Tod und Sterben gehören zum Leben – und ebenso gehören diese Wirklichkeiten zum Film (sowohl in Kurz- als auch Langspielfilmen sowie Dokumentarfilmen). Insbesondere in Thriller-, Action-, Western- oder Kriminalfilmen ist der Tod oft präsent, allerdings weniger als Thema an sich, sondern eher, um eine Geschichte in Gang zu setzen (die Suche nach dem Täter) bzw. abzuschließen (das finale Duell).

Zahlreiche Filme setzen das Sterben und den Tod thematisch in den Mittelpunkt und befassen sich vor allem mit der Frage, worin ein menschenwürdiges, selbstbestimmtes Sterben besteht und wie dieses Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Tod zu verstehen ist. Oft wird in Filmen das Schicksal Schwerkranker geschildert und ein Konflikt ergibt sich aus der Tatsache, dass der Lebenswille erloschen ist und die Verfügungsmacht über den eigenen Tod, die Angst vor Willensverlust oder vor starken Schmerzen zum Entschluss führen, das Leben selbst zu beenden. In den letzten Jahren wurde diese Problematik durch Geschichten erweitert, die sich mit Kontakt zu so genannten Sterbehilfe- Organisationen auseinandersetzten, wie z.B. EXIT in der Schweiz, der NVVE („Vereinigung für ein frei- williges Lebensende“) in den Niederlanden oder DIGNITAS in Deutschland.

Der am 23. November 2020 im ARD-Fernsehen ausgestrahlte Film „GOTT“ wiederum diskutierte den Todeswunsch eines zwar 78 Jahre alten und durch die Trauer um seine verstorbene Lebenspartnerin am Sinn des Lebens zweifelnden, ansonsten aber geistig und körperlich gesunden Menschen. Wie kann mit schwerer Krankheit und langem Leiden umgegangen werden? Kann ein Todeswunsch auch berechtigt sein, wenn die betroffene Person körperlich und geistig gesund ist? Gibt es neben dem Recht auf Leben in Würde auch das Recht auf Sterben in Würde und wenn ja, was bedeutet das konkret?

Bedarf es neben den Möglichkeiten der Medizin und der Palliativ-versorgung auch einer staatlichen Regelung, wie Sterben ausgestaltet werden soll? Kann ein Gesetz über Sterben bzw. Sterbehilfe alle Fragen regeln oder bedarf es zusätzlicher ethisch-moralischer Vereinbarungen, um jedem Einzel- fall gerecht zu werden?

Diese Fragen sind gesellschaftlich (und damit auch im Medium Film) schon länger in der Diskussion.

Rechtliche Regelungen

Beispiel Niederlande

Einige Länder haben Sterbehilfe bereits gesetzlich geregelt (siehe auch unter 4.). In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe seit dem 1. April 2002 zulässig. Damit der Arzt, der die Sterbehilfe vornimmt, straffrei dem schriftlich niedergelegten oder mündlich aus- gesprochenem Wunsch nach Sterbehilfe entsprechen darf, muss er nach im Gesetz geregelten Sorgfaltskriterien handeln:

  1. Der Patient muss seine Bitte freiwillig und nach reiflicher Überlegung äußern.
  1. Im Falle der Erkrankung besteht keine Aussicht auf Besserung und der Patient leidet unerträglich.
  1. Der Patienten wurde vom Arzt über seine Situation und über die medizinische Prognose aufgeklärt.
  1. Der Arzt ist gemeinsam mit dem Patienten zu der Überzeugung gelangt, dass es für dessen Situation keine andere annehmbare Lösung gibt.
  1. Mindestens ein anderer, unabhängiger (Konsiliar-)Arzt wurde zu Rate gezogen

Dieser hat den Patienten untersucht und schriftlich zur Einhaltung der Punkte 1. bis 4. Stellung genommen. Die Tötung oder die Hilfe zur Selbsttötung muss fachgerecht durchgeführt werden.

Arzt und Leichenbeschauer melden die Tötung an eine regionale Kontrollkommission, der auch die Erklärung des unabhängigen Konsiliararztes zugeht. Die Kontrollkommission überprüft die Tötung auf Einhaltung der Sorgfaltskriterien.

Gelangt sie zu der Überzeugung, dass der Arzt sorgfältig gehandelt hat, greift der Strafausschließungsgrund und der Arzt wird nicht strafrechtlich verfolgt. Der Kontrollkommission gehören sechs Mitglieder, hierunter mindestens ein Arzt, ein Jurist und ein Ethiker an.

Kein Arzt ist in den Niederlanden verpflichtet, die aktive Sterbehilfe durchzuführen. Medizinische Hilfskräfte oder andere Personen aus dem Umfeld des Betroffenen dürfen selber keine Tötungshandlungen durchführen und sind ebenfalls nicht verpflichtet, an einer Tötungshandlung mitzuwirken.

Beispiel Deutschland

Ein Anlass in Deutschland zur Wiederaufnahme bzw. Intensivierung der Diskussion um Sterbehilfe ist in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.02.2020 zu sehen:

„Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zur Sterbehilfe vom 26. Februar 2020 festgestellt, dass das all- gemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Absatz 1 in Verbindung mit Art. 1 Absatz 1 Grundgesetz das Recht auf selbstbestimmtes Sterben einschließt. Der Wunsch von Sterbewilligen, über die Beendigung ihres Lebens frei zu bestimmen, müsse respektiert werden. Dies bedeute aber auch, dass sie die Freiheit haben müssten, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und diese Hilfe dann auch in Anspruch zu nehmen. Das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, das der Gesetzgeber im Jahr 2015 mit der Einführung des § 217 Strafgesetzbuch (StGB) geschaffen habe, mache es dem Suizidwilligen unmöglich, diese Hilfe von Dritten in Anspruch zu nehmen und sei deshalb verfassungswidrig.“

Vgl. den Artikel 293 des niederländischen Strafgesetzbuchs zur aktiven Sterbehilfe sowie den Artikel 294 zur Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung.

Das „Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung“ vom 1. April 2002 ist in deutscher Übersetzung online verfügbar: www.dgpalliativmedizin.de/ images/stories/pdf/ euthanasie.pdf

Dokumentation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (WD 9- 3000 - 017/20), 4. Online unter: www.bundestag.de/resource/ blob/691830/0e3ec70fa880c590513aa9a c5e5d7d3f/WD-9-017-20-pdf-data.pdf

Das Urteil des BVerfG hebt also zum einen das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung auf (so wie es im § 217 StGB geregelt war) und betont zum anderen die Freiheit zum selbstbestimmten Sterben, insbesondere die Möglichkeit, bei Dritten Hilfe zu suchen, um das eigene Leben zu beenden.

Juristisch handelt es sich um die „Beihilfe zur Selbsttötung“, auch als „assistierter Suizid“ bezeichnet.

Das Bundesverfassungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, Regelungen zu treffen. In der Zwischenzeit ist der rechtliche Zustand wiederhergestellt, der vor der Regelung durch § 217 StGB in Kraft war (siehe unter 4.).Diese Publikation behandelt die Thematik „Sterbehilfe“ also in einer Zeit (2021), in der die gesellschaft- liche Diskussion eine neue politisch-rechtliche Regelung begleitet bzw. vorbereitet.

Bevor diese Thematik im Medium Film betrachtet wird, sollen zuerst Begriffe geklärt werden (unter 1.). Danach werden einige Filmbeispiele ausgewählt und näher betrachtet (unter 2.), um anschließend eine Liste mit Filmen vorzustellen, die sich dieser Thematik widmen, jedoch von sehr unterschiedlicher Qualität sind (unter 3.).

Zum Abschluss erfolgen noch Hinweise zur Arbeit an diesem sensiblen Thema (unter 4.) und Links zum Weiterlesen und Recherchieren (unter 5.).

Quellenangaben
Hintergrund schwarz - MySpring
Icon Plus - MySpring
Teilen
Kapitel
1
Medien und Digitalität
4

Einleitung

Lesezeit:
7 min.

Tod und Sterben gehören zum Leben – und ebenso gehören diese Wirklichkeiten zum Film (sowohl in Kurz- als auch Langspielfilmen sowie Dokumentarfilmen). Insbesondere in Thriller-, Action-, Western- oder Kriminalfilmen ist der Tod oft präsent, allerdings weniger als Thema an sich, sondern eher, um eine Geschichte in Gang zu setzen (die Suche nach dem Täter) bzw. abzuschließen (das finale Duell).

Zahlreiche Filme setzen das Sterben und den Tod thematisch in den Mittelpunkt und befassen sich vor allem mit der Frage, worin ein menschenwürdiges, selbstbestimmtes Sterben besteht und wie dieses Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Tod zu verstehen ist. Oft wird in Filmen das Schicksal Schwerkranker geschildert und ein Konflikt ergibt sich aus der Tatsache, dass der Lebenswille erloschen ist und die Verfügungsmacht über den eigenen Tod, die Angst vor Willensverlust oder vor starken Schmerzen zum Entschluss führen, das Leben selbst zu beenden. In den letzten Jahren wurde diese Problematik durch Geschichten erweitert, die sich mit Kontakt zu so genannten Sterbehilfe- Organisationen auseinandersetzten, wie z.B. EXIT in der Schweiz, der NVVE („Vereinigung für ein frei- williges Lebensende“) in den Niederlanden oder DIGNITAS in Deutschland.

Der am 23. November 2020 im ARD-Fernsehen ausgestrahlte Film „GOTT“ wiederum diskutierte den Todeswunsch eines zwar 78 Jahre alten und durch die Trauer um seine verstorbene Lebenspartnerin am Sinn des Lebens zweifelnden, ansonsten aber geistig und körperlich gesunden Menschen. Wie kann mit schwerer Krankheit und langem Leiden umgegangen werden? Kann ein Todeswunsch auch berechtigt sein, wenn die betroffene Person körperlich und geistig gesund ist? Gibt es neben dem Recht auf Leben in Würde auch das Recht auf Sterben in Würde und wenn ja, was bedeutet das konkret?

Bedarf es neben den Möglichkeiten der Medizin und der Palliativ-versorgung auch einer staatlichen Regelung, wie Sterben ausgestaltet werden soll? Kann ein Gesetz über Sterben bzw. Sterbehilfe alle Fragen regeln oder bedarf es zusätzlicher ethisch-moralischer Vereinbarungen, um jedem Einzel- fall gerecht zu werden?

Diese Fragen sind gesellschaftlich (und damit auch im Medium Film) schon länger in der Diskussion.

Rechtliche Regelungen

Beispiel Niederlande

Einige Länder haben Sterbehilfe bereits gesetzlich geregelt (siehe auch unter 4.). In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe seit dem 1. April 2002 zulässig. Damit der Arzt, der die Sterbehilfe vornimmt, straffrei dem schriftlich niedergelegten oder mündlich aus- gesprochenem Wunsch nach Sterbehilfe entsprechen darf, muss er nach im Gesetz geregelten Sorgfaltskriterien handeln:

  1. Der Patient muss seine Bitte freiwillig und nach reiflicher Überlegung äußern.
  1. Im Falle der Erkrankung besteht keine Aussicht auf Besserung und der Patient leidet unerträglich.
  1. Der Patienten wurde vom Arzt über seine Situation und über die medizinische Prognose aufgeklärt.
  1. Der Arzt ist gemeinsam mit dem Patienten zu der Überzeugung gelangt, dass es für dessen Situation keine andere annehmbare Lösung gibt.
  1. Mindestens ein anderer, unabhängiger (Konsiliar-)Arzt wurde zu Rate gezogen

Dieser hat den Patienten untersucht und schriftlich zur Einhaltung der Punkte 1. bis 4. Stellung genommen. Die Tötung oder die Hilfe zur Selbsttötung muss fachgerecht durchgeführt werden.

Arzt und Leichenbeschauer melden die Tötung an eine regionale Kontrollkommission, der auch die Erklärung des unabhängigen Konsiliararztes zugeht. Die Kontrollkommission überprüft die Tötung auf Einhaltung der Sorgfaltskriterien.

Gelangt sie zu der Überzeugung, dass der Arzt sorgfältig gehandelt hat, greift der Strafausschließungsgrund und der Arzt wird nicht strafrechtlich verfolgt. Der Kontrollkommission gehören sechs Mitglieder, hierunter mindestens ein Arzt, ein Jurist und ein Ethiker an.

Kein Arzt ist in den Niederlanden verpflichtet, die aktive Sterbehilfe durchzuführen. Medizinische Hilfskräfte oder andere Personen aus dem Umfeld des Betroffenen dürfen selber keine Tötungshandlungen durchführen und sind ebenfalls nicht verpflichtet, an einer Tötungshandlung mitzuwirken.

Beispiel Deutschland

Ein Anlass in Deutschland zur Wiederaufnahme bzw. Intensivierung der Diskussion um Sterbehilfe ist in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.02.2020 zu sehen:

„Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zur Sterbehilfe vom 26. Februar 2020 festgestellt, dass das all- gemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Absatz 1 in Verbindung mit Art. 1 Absatz 1 Grundgesetz das Recht auf selbstbestimmtes Sterben einschließt. Der Wunsch von Sterbewilligen, über die Beendigung ihres Lebens frei zu bestimmen, müsse respektiert werden. Dies bedeute aber auch, dass sie die Freiheit haben müssten, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und diese Hilfe dann auch in Anspruch zu nehmen. Das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, das der Gesetzgeber im Jahr 2015 mit der Einführung des § 217 Strafgesetzbuch (StGB) geschaffen habe, mache es dem Suizidwilligen unmöglich, diese Hilfe von Dritten in Anspruch zu nehmen und sei deshalb verfassungswidrig.“

Vgl. den Artikel 293 des niederländischen Strafgesetzbuchs zur aktiven Sterbehilfe sowie den Artikel 294 zur Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung.

Das „Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung“ vom 1. April 2002 ist in deutscher Übersetzung online verfügbar: www.dgpalliativmedizin.de/ images/stories/pdf/ euthanasie.pdf

Dokumentation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (WD 9- 3000 - 017/20), 4. Online unter: www.bundestag.de/resource/ blob/691830/0e3ec70fa880c590513aa9a c5e5d7d3f/WD-9-017-20-pdf-data.pdf

Das Urteil des BVerfG hebt also zum einen das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung auf (so wie es im § 217 StGB geregelt war) und betont zum anderen die Freiheit zum selbstbestimmten Sterben, insbesondere die Möglichkeit, bei Dritten Hilfe zu suchen, um das eigene Leben zu beenden.

Juristisch handelt es sich um die „Beihilfe zur Selbsttötung“, auch als „assistierter Suizid“ bezeichnet.

Das Bundesverfassungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, Regelungen zu treffen. In der Zwischenzeit ist der rechtliche Zustand wiederhergestellt, der vor der Regelung durch § 217 StGB in Kraft war (siehe unter 4.).Diese Publikation behandelt die Thematik „Sterbehilfe“ also in einer Zeit (2021), in der die gesellschaft- liche Diskussion eine neue politisch-rechtliche Regelung begleitet bzw. vorbereitet.

Bevor diese Thematik im Medium Film betrachtet wird, sollen zuerst Begriffe geklärt werden (unter 1.). Danach werden einige Filmbeispiele ausgewählt und näher betrachtet (unter 2.), um anschließend eine Liste mit Filmen vorzustellen, die sich dieser Thematik widmen, jedoch von sehr unterschiedlicher Qualität sind (unter 3.).

Zum Abschluss erfolgen noch Hinweise zur Arbeit an diesem sensiblen Thema (unter 4.) und Links zum Weiterlesen und Recherchieren (unter 5.).

Quellenangaben
Hintergrund schwarz - MySpring
Icon Plus - MySpring

Weitere Publikationen